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„Eine unvorstellbare Eskalation“

Indien 2021
Datum:
Veröffentlicht: 27.5.21
Von:
Marion Krüger-Hundrup

Pandemie: Die Zahl der Covid-19-Infektionen und der Todesfälle in Indien steigt rapide. Das Ausmaß dieser humanitären Katastrophe berührt gerade die Inder, die in der Region Bamberg leben. Nothilfe leisten das Erzbistum Bamberg und Stegauracher Indien-Vereine.

Hinter jeder Zahl steht grenzenloses Leid: Täglich infizieren sich fast 400.000 Menschen in Indien neu mit dem Corona-Virus. Jeden Tag sterben Tausende. Und Beobachter von Hilfsorganisationen auf dem Subkontinent gehen davon aus, dass diese offiziellen Zahlen (Stand 18. Mai 2021 laut John Hopkins University Coronavirus Resource Center: 25.228.996 Infizierte, 278.719 Todesopfer) deutlich zu niedrig angesetzt sind: „Seit März erleben wir eine unvorstellbare Eskalation“, sagt etwa Pater Cedric Prakash, Direktor eines jesuitischen Menschenrechtszentrums in Ahmedbad im Bundesstaat Gujarat und Partner der Jesuitenmission in Nürnberg.
Indien 2021

Hinter jeder Zahl steht grenzenloses Leid: Täglich infizieren sich fast 400.000 Menschen in Indien neu mit dem Corona-Virus. Jeden Tag sterben Tausende. Und Beobachter von Hilfsorganisationen auf dem Subkontinent gehen davon aus, dass diese offiziellen Zahlen (Stand 18. Mai 2021 laut John Hopkins University Coronavirus Resource Center: 25.228.996 Infizierte, 278.719 Todesopfer) deutlich zu niedrig angesetzt sind: „Seit März erleben wir eine unvorstellbare Eskalation“, sagt etwa Pater Cedric Prakash, Direktor eines jesuitischen Menschenrechtszentrums in Ahmedbad im Bundesstaat Gujarat und Partner der Jesuitenmission in Nürnberg. Er beklagt schwere Versäumnisse der indischen Zentralregierung und lokaler Behörden. „Indiens Arme sind Corona schutzlos ausgeliefert“, erklärt Pater Cedric. Und zwar nicht nur aufgrund schlechter hygienischer Bedingungen in dicht bevölkerten Quartieren und fehlender medizinischer Versorgung, sondern durch Arbeitslosigkeit und Hunger. So habe der harte Lockdown einen Exodus von Millionen Wanderarbeitern aus den Metropolen zur Folge, die ihre Jobs verloren haben. Sie legten, oft zu Fuß, Hunderte von Kilometern zurück, um in ihre Heimatregionen zu gelangen: „Die meisten ohne finanzielle Mittel und ohne Zugang zu ärztlicher Hilfe“, so der Jesuit.

Roma Pohl, die aus Bombay stammt und als verheiratete Familienmutter in Bamberg lebt, kann diese bedrückenden Nachrichten nur ohnmächtig verfolgen: „Wenn ich nur helfen könnte, ich wäre so gern dort!“ ruft die 62-Jährige aus, die lediglich mit ihren Verwandten und Freunden in Indien telefonieren und Trost spenden kann. „Die Lage in meiner Heimat belastet mich sehr, und ich spreche viel mit meinem Mann Michael darüber“, sagt Roma Pohl. Sie wisse nur zu gut, dass Millionen ihrer Landsleute „von der Hand in den Mund leben“, ohne Sozialversicherung, ohne Krankenversicherung. Eine Haushaltshilfe bekomme ungefähr 30 Euro Lohn im Monat. Und wenn sie wegen Corona in Quarantäne bleiben müsse und nicht arbeiten könne, „verdient sie nichts!“.

Schwer ums Herz ist es auch Kaplan Joseph Puthenchira und Karmelitenpater Sunny John, die im Seelsorgebereich Bamberger Westen eingesetzt sind. Die beiden Seelsorger stammen aus dem südindischen Bundesstaat Kerala, sind zwei von 30 indischen Priestern, die aufgrund einer Pastoralpartnerschaft zwischen dem Erzbistum Bamberg und dem Bistum Changanacherry in Kerala in der Bamberger Region ihren Dienst leisten. Auch 131 indische Ordensschwestern sind hier überwiegend in der Caritas-Altenpflege aktiv. Darüber hinaus leben etwa 100 Inder/innen in Bamberg, die weitgehend bei der Sozialstiftung unter Vertrag stehen.

Kaplan Joseph und Pater Sunny halten per WhatsApp und Skype den Kontakt mit ihren Familien und Freunden in Kerala aufrecht: „Es ist schlimm für uns, so weit weg von Indien zu sein und das alles hören zu müssen!“ sagen sie betroffen. Von ihrem Taschengeld „geben wir, was wir können“, um die Pfarreien daheim zu unterstützen. Diese würden Nahrungsmittel und Medikamente „für alle, gleich ob Christen, Hindus oder Muslime“ besorgen. Wobei das Kernproblem mangelnder medizinischer Sauerstoff und viel zu wenig Impfstoff sei. Ein Großteil der Kliniken in Indien seien Privatkrankenhäuser, die überhaupt nichts mehr davon bekommen. Nur noch die völlig überfüllten staatlichen Krankenhäuser würden beliefert. Zwar produziere Indien selbst ein Vakzin unter dem Namen „Covishield“. Doch das sei bislang überwiegend ins Ausland exportiert worden. Und Einheimische bekämen eine Impfung häufig nur gegen eine Gebühr.

„Menschen sterben zu Hause oder auf der Straße, weil sie die nötige medizinische Versorgung nicht bekommen“, weiß auch Erzbischof Ludwig Schick. „Wir können nicht tatenlos zusehen!“ fügt er hinzu und ordnet an, dass aus dem Katastrophenfonds des Erzbistums Bamberg 30.000 Euro für Indien bereitgestellt werden. Die Spende geht an das Hilfswerk Caritas International, das seinen Partner Caritas Indien in der Notversorgung unterstützt. Auch Schutzkleidung, Masken, Desinfektionsmittel für das medizinische Personal werden von dem Geld besorgt. Zudem hat die Caritas Indien 150 Informationszentren in den ärmeren Gebieten von Nord- bis Südindien errichtet, von denen aus die Menschen mit Aufklärungskampagnen über Hygienemaßnahmen gegen Corona informiert werden.

Tatkräftige Hilfen für arme Familien leisten auch Pfarrer Jeremias George und sein Team im Bundesland Tamil Nadu. Dank ihrer Partner in Stegaurach/Gundelsheim, die im Verein „Zukunft für Menschen in Südindien e.V.“ zusammengeschlossen sind, können derzeit zur Arbeitslosigkeit verdammte Tagelöhner und Fischer, Kinder und bedürftige Senioren im täglichen Überlebenskampf gestärkt werden. „Wir haben am 5. Mai 2021 einen Spendenaufruf an unsere Förderer und Pateneltern verschickt und bis jetzt über 40.000 Euro für Südindien erhalten!“ freut sich Vereinsvorstand Pfarrer Walter Ries.

Hilfe für den extrem strukturschwachen Nordosten von Indien wie etwa im Bundesstaat Meghalaya stellt der noch junge Stegauracher Verein „Khublei e.V.“ gerade in diesen Corona-Zeiten auf die Beine. Mit Spendengeldern sorgt „Khublei“ dafür, dass arme Familien einen Warenkorb mit Lebensmitteln als Sofortmaßnahme bekommen. Außerdem „geht es jetzt darum, insbesondere den Wanderarbeitern, die ohne Job wieder zu Hause leben, zu helfen, eine eigene Tätigkeit aufzunehmen“, erklärt Vereinsvorsitzender Gerhard Albert. Dafür werde es spezifische Schulungen in mehreren Berufssparten geben.

Spendenkonten

Mit dem Verwendungszweck „Corono-Hilfe Indien“ können Spenden überwiesen werden:

Caritas international, Freiburg
IBAN: DE88 6602 0500 0202 0202 02

Diakonie Katastrophenhilfe, Berlin
IBAN: DE6852 0604 1000 0050 2502

„Zukunft für Menschen in Südindien e.V.“
IBAN DE51 7509 0300 0009 0551 26

„Khublei – Hilfe für Nordost-Indien e.V.“
IBAN DE87 7706 2014 0002 5694 00

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