Bamberger im „Pakt der Liebe“

Karfreitag: Christen verbrachten den stillen Feiertag besinnlich, viele im Gebet. Davon zeugten der Bittgang von der Oberen Pfarre, die Trauermette im Dom und die Andachten zur Sterbestunde Jesu in nahezu allen Kirchen.
Die zwitschernden Vögel versprechen einen Hauch Frühling. Leise Hoffnung, dass nach der Finsternis des Todes österliches Licht am Horizont aufscheint. Doch der Karfreitag ist noch gegenwärtig. In der Litanei vom Leiden Jesu. In der Bitte um die erlösende Kraft Jesu Leidens. In den himmelstürmenden Gebeten für die Feinde, Verachteten, Geschlagenen. In der flehentlichen Anrufung Gottes um Hilfe gegen Krieg, Terror, Hunger.
Gleichwohl: Erzbischof Ludwig Schick, der an der Spitze des Bittgängerzuges marschiert, gibt vor: „im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung.“ Und die Schar wiederholt diese Worte. Gläubig die einen, zweifelnd die anderen. Doch alle geeint am Karfreitag. Schulter an Schulter Zeugnis gebend von der Oberen Pfarre zur Kreuzigungsgruppe an der Altenburg und zur Station am Rothof bis hin zum Missionskreuz an St. Getreu.
„Am Karfreitag sammle ich Kraft für den Alltag und für das Osterfest“, begründet etwa Gerhard Albert aus Stegaurach seine aktive Teilnahme am Bittgang als Vorbeter. Es sei für ihn wichtig, den Tag des Leidens und Sterbens Jesu in Besinnung zu begehen, fügt er hinzu. Und natürlich „ist der Karfreitagsbittgang Tradition!“ sagt Albert. Dem stimmt Robert Haßfurther zu: „Für mich ist die Tradition wichtig, in diesem Jahr besonders wichtig“, erklärt der Bamberger, der seit vielen Jahren als „Kreuzbegleiter“ Robert Dennefeld zur Seite steht, der als Initiator des Karfreitagsbittgangs das große Holzkreuz voranträgt.
Wer nicht mehr so gut zu Fuß ist, besucht die spätere Trauermette in der Krypta des Domes, der Weihbischof Herwig Gössl vorsteht. Klagepsalmen stimmt er an. Gebete mit den Worten „Wir stehen ratlos vor dem Leiden dieser Welt…“, „die gegenwärtigen Tage verlangen unsere Hingabe…“ oder „Herr, erbarme dich der Menschen in der Ukraine und schenke ihnen Frieden…“. Aber auch „Gott, lass uns die Kraft Jesu Auferstehung erwarten.“
Diese Erwartungshaltung pflegen Beter und Beterinnen, die vor dem ausgesetzten Allerheiligsten am Heiligen Grab in der Klosterkirche Heilig-Grab die ganze Nacht hindurch von Karfreitag auf Karsamstag den Himmel bestürmen. Vereint in Trauer und Wehklage – das bedeutet das althochdeutsche „Kara“ im Namen Karfreitag –, mit vielen katholischen und evangelischen Christen, die bereits zur Sterbestunde Jesu um 15:00 Uhr in die Kirchen strömten.
Jedoch: „Können wir überhaupt noch weinen, trauern und klagen? Wir sind doch so gern cool, überlegen und distanziert. Können wir über unsere kriegerische Welt, die gequälten Menschen und die misshandelte Schöpfung trauern?“ fragte Erzbischof Schick in der Feier vom Leiden und Sterben Jesu im Dom. Am Karfreitag solle um Jesus, den Sohn Gottes, getrauert werden. Dabei lade Jesus dazu ein, Mitleid und Barmherzigkeit für die Menschen zu zeigen und für alle Leidenden zu beten: „Trauern, Mitleiden und Beten sind Voraussetzungen für Veränderungen und mehr Menschlichkeit“, so Erzbischof Schick. Jesus Christus habe am Kreuz „die Arme weit ausgestreckt, um alle Menschen in den Pakt der Liebe zu holen“. Zudem weise Jesus auf die Menschen hin, die vor Krieg und Unrecht auf der Flucht sind. In der Ukraine, aber auch im Jemen, in Syrien, im Sudan oder in Afghanistan litten Menschen seit Jahren unter Krieg, Verfolgung und Missachtung der Menschenrechte, rief der Erzbischof ins Gedächtnis.