Den Glauben in die Stadt getragen
Feiertag: Tausende Fromme und weniger Fromme kamen zur traditionellen Fronleichnamsprozession durch Bamberg. Weihbischof Herwig Gössl predigte von Gaumenfreuden und Sinnlichkeit der besonderen Art.
Der Prediger hatte den Atheisten Feuerbach zitiert: „Der Mensch ist, was er isst.“ Gegen eine Überbetonung der geistig-seelischen Dimension des Menschen habe dieser die Leiblichkeit hervorgehoben. Gössl warnte nach einer langen kirchlichen Phase der Verteufelung vor dem anderen Extrem „Vergötzung der Leiblichkeit“, nannte Gaumenfreuden und Delikatessen aller Art in den Lifestyle-Bereichen, für die er „mehr Geist und Verstand am Werk“ wünschte. Der Mensch sei „mehr als was er isst“, betonte der Weihbischof: „Der Mensch ist Geist in Leib, beseelte Materie, von Gottes Gegenwart erfüllt, kostbar und liebenswert.“
Erfüllt von Gottes Gegenwart war für die gläubigen Gottesdienstbesucher auch die anschließende Prozession samt per Lautsprecher übertragenen Gebetsrufen durch die Altstadt. Schier endlos schien der Menschenzug zu sein, der sich zur Verehrung Jesu Christi auf den Weg gemacht hatte. Unterwegs in die Welt des Alltags, der nicht nur heiter und ungetrübt, sondern auch von Sorgen und Nöten verdunkelt ist. Umso heller strahlte die goldene Monstranz mit dem Allerheiligsten, das als Zentrum der Prozession abwechselnd von Weihbischof Gössl und Dompfarrer Dr. Markus Kohmann unter dem Baldachin getragen wurde. So ergab sich durchaus ein Gänsehautmoment, als Gössl an allen vier Stationen des Zuges mit der geweihten Hostie im Schaugefäß den eucharistischen Segen erteilte: für alle Menschen dieser Erde, für unser Volk, für die Früchte der Erde und für die menschliche Arbeit, für die Stadt Bamberg und ihre Bewohner. Durch diesen umfassenden Segen wurde deutlich, dass „Jesu Gegenwart sich eben nicht nur auf ein paar wenige Teilbereiche unseres Lebens erstreckt, sondern in unser ganzes Leben hinein“, bilanzierte der Weihbischof. Und: „Wir sind, was wir in der Eucharistie essen und sollen es zugleich immer mehr werden: Christi Leib für das Leben der Welt.“
Natürlich säumten auch unzählige Schaulustige den Prozessionsweg. Smartphones wurden für Fotos gezückt. Die prachtvoll mit barocken Gewändern und Blumen geschmückten Marienfiguren der Oberen Pfarre und aus St. Martin, die von starken Männern mitgeführten Figuren der heiligen Patrone der Gärtnervereine oder die Stäbe und Fahnen der Zünfte, Innungen, Vereine, Verbände waren eine Augenweide. Für Ohrenschmaus sorgten die Domchöre und die stimmgewaltigen Gesänge der Pilger. Die geistlichen Lieder mündeten in das jubelnde Te Deum, das abschließend wieder auf dem Domplatz erklang. „Großer Gott, wir loben dich…!“ Selbst die reichlich vertretene lokale Politprominenz mit Oberbürgermeister Andreas Starke an der Spitze beugte sich der himmlischen Macht und schmetterte mit. Möglicherweise hat sie die Frage des Predigers Gössl berührt: „Strahlt von mir sichtlich etwas von der Art Jesu Christi, von seiner Liebe aus, mit der er sein Leben für die anderen hingegeben hat?“