All Eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für Euch.
Gott ist es nicht egal, ob wir uns sorgen. Sorgen können uns nicht nur lähmen, sondern auch krank machen. „Sorge im Herzen kränkt“ heißt es in den Sprüchen Salomos. „Sorgen machen alt vor der Zeit“ steht in dem Buch Jesus Sirach. Viele Menschen sind jetzt extrem verunsichert. Und auch ich finde es schwierig, mit den sich überschlagenden Schreckensnachrichten in den Medien umzugehen. Für mich ist der Gedanke wichtig, dass ich manche Dinge nicht ändern kann: Ich kann nicht ändern, dass es die Corona-Krise gibt. Vieles, was für uns selbstverständlich war, geht derzeit nicht – und wird vielleicht nie wieder so sein „wie vorher“. Ich höre sehr oft in dieser Zeit „Ich bin in Sorge und Angst“. Wir können vieles nicht tun, was sonst ganz selbstverständlich zu unserem Leben dazu gehört. Das Leben ist irgendwie eintöniger, und es ist anstrengender.
Liebe Schwestern und Brüder, wenn ich selbst auch von der untersten Ebene aus entstellt und diskriminiert werde, war immer ein starkes Klatschen in meinen Ohren. „Mach dir keine Sorgen, du bist meine beste Kreation. Ich habe dich gemacht und beschützt und ich werde für dich vor meinem Überfluss sorgen.“ Und er sorgt wirklich für mich. Das ist wahr.
Es gibt keine Sorgen, für die Gott kein Ohr hätte. Es ist allerdings wichtig, dass wir sie wirklich im Gespräch mit ihm, im Gebet, wegwerfen, abwerfen, hinter uns werfen. Es darf nicht so sein, wie Kinder es beim Ballspielen gern tun: Sie werfen den Ball gegen eine Wand und fangen ihn wieder auf. Wer so mit seinen Sorgen umgeht, wird sie nicht los.
Ich vermute, dass es keinen Menschen gibt, der ohne Sorge ist. Jemand hat sogar behauptet, dass mehr Menschen an ihren Sorgen sterben als durch Arbeit, weil sich mehr Menschen damit beschäftigen.
Es geht um das, was mir inneren Halt geben kann; um das innere Fundament, auf dem ich mit meinem Leben stehe. Je besser ein Baum in der Tiefe verwurzelt ist, desto weniger können ihm Stürme etwas anhaben! Auch diese Erfahrung spiegeln viele Psalmen wider (Gott als „mein Fels“, „meine Burg“ – gerade in Not und Bedrängnis: s. Ps 18,3.47; Ps 59,10.17.18; Ps 62,3.7.8; Ps 91,2).
Sorgen, Soje, hat jeder und jede, fast jederzeit. Vor knapp 2000 Jahren, als Petrus seinen Brief schreibt, Sorgen, so heftig, dass er sie mit einem brüllenden Löwen vergleicht, der umherschleicht und die Menschen zu verschlingen droht.
Weil Gott an unseren Sorgen nicht vorbeisieht, werden wir in der Bibel im ersten Petrusbrief (5,7) aufgefordert: „Alle eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für euch.“
Vielleicht eine Kerze entzünden, und – damit habe ich selbst gute Erfahrung gemacht – ein gutes, kraftvolles Bibelwort gegen die Angst aussuchen, es mitnehmen in den Tag mit seinen Sorgen, es ranlassen an mich, reinlassen in mich. Die Worte auswendig lernen, sie aufsagen, laut oder leise, am Morgen, mittags, abends, dazwischen, als Heilmittel gegen Angst und Sorgen. In anderen Kulturen nennt man so ein Wort Mandra, ein Wort das mich durchformt, beruhigt, heilt, das Kraft gewinnt in mir, stärker als die Sorgenlast, die mich nach unten zieht. „All Eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für Euch“.
Wenn Sie in dieser Krisenzeit Gott Ihre Sorgen, (Für-)Bitten, Fragen, Zweifel usw. hinhalten oder entgegenschleudern wollen; wenn es dran sein sollte, ihn zu fragen, was das Ganze soll, wo seine Hilfe bleibt, mit ihm zu hadern – dann können die Psalmen dazu sehr gute Anregungen geben. Die Psalmen sind Gebete und Lieder, die aus allen denkbaren Lebenslagen heraus verfasst worden sind, die viele existentielle Erfahrungen und Fragen aufgreifen. Schauen Sie das Buch der 150 Psalmen einmal durch (z.B. Ps 16, 27, 34, 91, 139) – vielleicht finden Sie „Ihren“ Psalm, der Ihre derzeitige innere Verfassung wiederspiegelt. Manchem hat es schon gut getan, dann „seinen eigenen Psalm“ zu schreiben, sein Gebet in der Art der Psalmen.
Versuchen Sie bitte, diese Texte zu lesen. (Lieder zu „Vertrauen und Trost“, Gotteslob 414 - 435. Gebete zu „Vertrauen“ im Gotteslob 8,5 -7.) Ich vertraue auf Gott und fürchte mich nicht.
Ich erinnere mich an ein altes englisches Lied, welches „Let go and let God“ heißt:
Let go and let God has his wonderful way,
Let go and let God has His way;
Your sorrows will vanish your night turn to day,
Let go and let God has His way.
(Lass los und lass Gott seinen wunderbaren Weg haben,
Lass los und lass Gott seinen Weg haben;
Deine Sorgen werden verschwinden, deine Nacht wird zum Tag,
Lass los und lass Gott seinen Weg haben.)
Beten Sie bitte, wenn Sie diesen Text lesen: (aus: Jörg Zink, Wie wir beten können) „Ich will nicht sorgen, wenn der Tod vom Himmel regnet, wenn der Krieg einbricht in den Frieden oder das Unglück in das sichere Haus. Was sollte meine Sorge nützen? Ich will nicht sorgen, wenn ich meinem Tag nicht gewachsen bin, wenn die vielen Aufgaben mich bedrängen, die vielen kleinen Dinge, die zum Leben nötig sind. Ich will sie ernst nehmen, aber mich nicht sorgen. Ich will nicht sorgen, wenn ich alt und krank und gebrechlich werde und meine Kraft nachlässt, auch wenn ich nichts weiß über den kommenden Tag. Den kennst allein du. Du sorgst für mich. Dass ich lebe, macht deine Güte. Dass ich überstehe, kommt von dir. Nichts kann ich tun, wenn du mich nicht führst. Was geschieht, ist dein Werk. Dir vertraue ich mich an. In deiner Hand ist mein Schicksal, in deiner Hand sind Menschen und Völker, Leben und Tod. Wem soll ich mich anvertrauen außer dir?“
Ich bete für Sie und Ihre Lieben, auch wenn ich die Eucharistie feiere, und grüße Sie ganz herzlich. All Eure Sorgen werft auf ihn, denn er sorgt für Euch. Gott sorgt für uns.