Alles ist Windhauch
Liebe Mitchristen, der Monat Mai läutet den Hochfrühling ein. Es ist die Zeit der üppigen Blüte, des satten Grüns und der lauen Lüfte. In diesem Zusammenhang denke ich immer an einen Text aus dem Buch Kohelet im Alten Testament, der so klingt als habe der Verfasser Dauerdepressionen. Der Mann sagt nämlich in dem kurzen Abschnitt immer wieder: „Alles ist Windhauch.“ Was ist denn nach Meinung des Predigers so instabil, dass es sich einfach wegpusten lässt? Es ist das, was wir für lebensnotwendig, für existenzsichernd und unverzichtbar halten: Besitz, Wissen, Können, Erfolg. Mit anderen Worten: Bankkonto, Immobilien, eine Top-Ausbildung und dazu noch die richtigen Beziehungen. Da mischt sich der Verfasser unseres Textes in diese doch so realen Überlegungen zum Planen und zum Gelingen unseres Lebens hinein. Er sagt: Passt auf, dass ihr nicht aufs falsche Pferd setzt. Alle diese Dinge können hilfreich für das Leben sein. Wenn sie da sind, ist das nicht schlecht. Aber am Ende, bei der Ernte meines Lebens, ist ein gefülltes Bankkonto nichts, eine Seifenblase. Nach den richtigen Beziehungen wird dann keiner mehr fragen. Ob ich am Tag meiner himmlischen Ernte ein Wochenendhaus am See besitze, wird mich überhaupt nicht mehr interessieren. Glück ist nicht machbar. Aber unser alttestamentlicher Schriftsteller ist kein Mann, der in einer Art Dauertrauerzustand die Ohrläppchen immerfort bis auf den Fußboden hängen lässt. Kohelet rät uns, die ganze Schöpfung als Geschenk Gottes bewusst zu sehen, bewusst anzunehmen und uns bewusst über sie zu freuen. Die Geschenke Gottes darf ich natürlich annehmen, denn Geschenke sind dazu da, dass sie angenommen werden. Gott will, dass wir das Leben in Fülle haben.
Jeder Tag ist von Gott geschenkt. Die Gegenwart ist die Zeit, die Geschenke auszupacken. Wenn ich alles von Gott als Geschenk annehme, ist es nicht Windhauch, sondern lebt im Hauch des Heiligen Geistes.
Ich wünsche Ihnen eine schöne Maienzeit!