Für Stefan, Susanne, Franco und alle anderen…
An ihren nackten Hintern sind sie leicht zu erkennen: ein schöner, kleiner Kinderpopo, luftig bekleidet, Schmalzlocken, mitunter ein süffisantes Lächeln im Gesicht. Gerne ausstaffiert mit Musikinstrumenten oder eigentümlichen Gerätschaften von anno dazumal. Wenn du sie beobachten willst, ist Vorsicht geboten. Ein schiefer Kopf oder Genickstarre können die Folge sein, denn sie sind gerne weit oben. Zwischen Oberer Pfarre und St. Martin, Vierzehnheiligen und Gößweinstein, und zuverlässig in jeder Barockkirche, hundertfach, ganze Heerscharen von Engeln.
Als Strafe fürs Schwätzen musste ich bei einem Ausflug in der Grundschule mal alle Engel einer Kirche zählen. Mein Gott, ruckzuck ging da ein Vormittag vorbei. In einer einzigen Kirche so viele Engel! Da wird es einem beinahe himmlisch zu Mut. Aber bloß fast, denn schon als kleiner Junge habe ich gewusst: Das sind doch nur Holzkameraden. Oder Gipsfiguren mit Flügeln aus Pappe. Schön mit Gold bemalt. Echte Engel? Die gibt es nicht!
Inzwischen, ein paar Kurven weiter gekommen im Leben, bin ich mit meiner Einschätzung vorsichtiger geworden. Engel gibt es vielleicht doch. Sie haben kein goldiges Outfit. Sie müssen nicht mal musikalisch sein oder Michael heißen. Eventuell haben sie rote Zöpfe, coole Tattoos, verschrobene Ticks… Benutzen einen Rollator, wer weiß das schon. Schreiben dir einfach so mal eine Nachricht. Rufen dich unvermittelt zwischenrein mal an. Legen dir was vor die Haustür. Sprechen unter Umständen nicht mal richtig Deutsch, können das „Vater unser“ kaum auswendig.
Sie bringen dir ein Stück Himmel mit. Doch du erkennst das nicht gleich. Bestenfalls erst später, im Rückspiegel dieser Tage. Und manchmal, ganz selten, sozusagen ausnahmsweise, brauchen sie auch mal deine Hilfe. Vielleicht gerade jetzt.