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Geniale Glaskunst für Bamberg

Lüpertz-Fenster für St. Elisabeth 2021
Datum:
Veröffentlicht: 15.4.21
Von:
Marion Krüger-Hundrup

Der Fensterreigen von Markus Lüpertz nähert sich in der St. Elisabeth-Kirche der Vollendung. Expressive Formensprache und Farbfülle unterstreichen die Glaubensverkündigung pur.

Wer Markus Lüpertz schon einmal persönlich erlebt hat, kann sich diese Szene sicher gut vorstellen: Ohne Rücksicht auf seinen teuren Maßanzug und das Seideneinstecktüchlein klettert der bald Achtzigjährige die Leiter empor und hantiert mit Farben und Pinsel. Der Meister ist gefangen von seinem noch nicht ganz vollendeten Werk. Will seine Vision von Kunst in spannungsvolle Balance halten. Nimmt sein leidenschaftliches Temperament für die letzten Korrekturen an die Kandare.
Lüpertz-Fenster für St. Elisabeth 2021

Wer Markus Lüpertz schon einmal persönlich erlebt hat, kann sich diese Szene sicher gut vorstellen: Ohne Rücksicht auf seinen teuren Maßanzug und das Seideneinstecktüchlein klettert der bald Achtzigjährige die Leiter empor und hantiert mit Farben und Pinsel. Der Meister ist gefangen von seinem noch nicht ganz vollendeten Werk. Will seine Vision von Kunst in spannungsvolle Balance halten. Nimmt sein leidenschaftliches Temperament für die letzten Korrekturen an die Kandare.

Es sind die Glasmalermeister Roland Prahl und Bärbel Gottschling-Djahandoust, die dieses Szenario schildern. Seit 15 Jahren bilden sie in den Derix-Glasstudios Taunusstein das „Team Markus Lüpertz“. Das heißt, dass die beiden Experten nach den Vorgaben des international renommierten bildenden Künstlers Glasfenster für verschiedene Kirchen ausführen. So auch für die spätgotische St. Elisabeth-Kirche in der Bamberger Sandstraße.

„Ich hänge an dieser Bamberger Geschichte!“ sagt Markus Lüpertz im Gespräch mit der Katholischen Nachrichtenagentur. Für ihn seien diese „relativ kleinen Fenster eine ganz spezielle Außenseiterarbeit“: „Ich liebe es, individuelle Lösungen zu finden“, so Lüpertz, der zeitgleich die viel größeren Fenster der Kölner St. Andreas-Kirche als weiteres Herzensprojekt durchführt. Allerdings hat Bamberg ihm einige Geduld abverlangt: „Ich war frustriert über den zögernden Verlauf“, bekennt er. Denn von seiner Idee (2008), Fenster für die Elisabethenkirche zu entwerfen bis zum tatsächlichen Einbau eines ersten neuen vergingen elf Jahre. 2019 erfolgte die Enthüllung der ersten beiden Fenster, nach Ostern 2021 werden gleich vier weitere eingebaut.

Wann das Projekt endgültig abgeschlossen sein wird, ist derzeit noch offen. Zumal dieses ehrgeizige Kunstprojekt – verbunden mit Kosten in Höhe von 600.000 Euro - auf Stiftungen, Spender und Sponsoren angewiesen ist. Um dafür zu werben, gründeten engagierte Freunde und Förderer moderner Kunst die „Initiative Glasfenster Markus Lüpertz“. Zu Schirmherren wurden Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke und Erzbischof Ludwig Schick erkoren. Vor allem eine kleine Gruppe um den Pfarrer Hans Lyer und Christoph Gatz von der Gottesdienstgemeinde St. Elisabeth engagiert sich stark. Legte auch Markus Lüpertz ihre Gedanken zum inhaltlichen Programm der Künstlerfenster dar, die dieser aufgriff und weiterentwickelte.

Sieben der raumhohen Fenster sollen Legenden aus dem Leben der heiligen Elisabeth mit den sieben Werken der Barmherzigkeit aus der biblischen Tradition verbinden: Kranke pflegen, Gefangene besuchen, Almosen geben, Tote begraben, Nackte bekleiden, Hungrige speisen, Obdachlose beherbergen. Das achte Fenster bündelt diese Werke in dem alles zusammenfassenden Satz „Was ihr für einen meiner geringsten Geschwister getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40).

Für den Priester und Gefängnisseelsorger Lyer ist die inhaltliche Aussage dieser Glasfenster „eine Art von Glaubensverkündigung mit einem besonderen Stellenwert“: „Gott hält keinen Abstand, sondern sucht die Nähe zu den Menschen.“ Er sei bei den Armen, Schwachen, Kranken wie die Heilige Elisabeth.

In seiner eigenen überbordenden Farb- und Formensprache hat sich Markus Lüpertz an die Gestaltung der Fenster als eben diese Glaubensverkündigung gemacht. Schließlich nennt er die katholische Kirche seine „spirituelle oder mystische Heimat“. Sein tiefes Einfühlungsvermögen in theologische Belange zeigt die große Meisterschaft Lüpertz. Eine Meisterschaft im alten Metier der Glasmalerei, die auf mundgeblasenen, antiken Opakgläsern – mit Bleiruten als Gestaltungsmittel - ihren leuchtenden Ausdruck findet: „Diese illustriert die große Ur-Sehnsucht des Menschen nach ewigem Licht“, interpretiert Pfarrer Lyer.

Die Realisierung der Kirchenfenster ist sicher eine Chance für Bamberg, das Weltkulturerbe auch in die Gegenwart zu tragen. Und zwar durchaus provokant und nicht gerade geschmeidig. Denn Markus Lüpertz stellt die Personen auf den Fenstern nicht naturgetreu dar, sondern vielmehr fragmentarisch. Gerade die Heilige Elisabeth entspricht in keinster Weise dem gängigen Schönen und Lieblichen.

Gefälliger für das Auge sind die ornamentalen Partien, die als verbindendes Element in allen Fenstern wiederkehren. Das lineare und farbliche Gewebe wächst mit den Figuren zu einer Einheit zusammen. Auch darin zeigt sich, dass Markus Lüpertz ein ausgesprochener Farbmaler ist und mit jenem Stoff arbeitet, der die Schöpfung erhellt: mit dem im Glas gefangenen und von ihm in den Kirchenraum ausstrahlenden Licht.

Bisher ist es außerhalb der Gottesdienstzeiten nicht möglich, die Kirche zu betreten. Zwar steht das Portal tagsüber weit geöffnet, doch ein Gitter im Windfang verhindert das weitere Hineingehen. Eine komplette Öffnung würde eine ständige Aufsichtsperson erforderlich machen, wie sie die Stadt Bamberg als Eigentümerin der St. Elisabeth-Kirche fordert. Liturgisch gehört das Gotteshaus zur Dompfarrei.

Hinweis aus der Dompfarrei

Weitere vier Lüpertzfenster werden in St. Elisabeth eingebaut! Noch im April sollen folgende Fenster realisiert werden: Fenster Nr. 8 - Begleitung des Leichenzugs & Kranke besuchen; Fenster Nr. 9 - Aussätzige Obdachlose beherbergen; Fenster Nr. 6 - Süßer Jesus Tod und Auferstehung & Nackte bekleiden; Fenster Nr. 1 - Rosenwunder & Hungrige speisen. Für den geplanten Einbau der vier Lüpertz-Farbglasfenster muss die Kirche St. Elisabeth im Zeitraum vom 6. April 2021 bis zum 12. Mai 2021 für kirchliche Zwecke, Gottesdienste, geplante weitere Veranstaltungen wie Orgelkonzerte etc. gesperrt werden. Im Innen- und Außenbereich werden umfangreiche Sicherungsmaßnahmen und Gerüstaufstellungen vorgenommen. Daher finden die Vorabendmessen vom 10. April 2021 bis zum 8. Mai 2021 als Open-Air-Gottesdienste vor der Kirche St. Elisabeth statt.