Krise ohne Kirche?
Liebe Schwestern und liebe Brüder!
„Das gab es noch nie!“ – Solche oder ähnliche Feststellungen werden in diesen Tagen immer wieder getroffen. Was derzeit geschieht und welchen radikalen und sich schnell wandelnden Situationen wir ausgesetzt sind, beschert uns allen vollkommen neue Erfahrungen. Eine Dame sagte kürzlich zu mir: „Ehrlich, ich versteh die Welt nicht mehr!“ – Recht hat sie.
Das Bedürfnis nach Austausch und Zusammenhalt ist riesengroß. Die Appelle, solidarisch zu sein, ergehen immer wieder neu an uns. Jedoch, fast jede eingeübte Praxis funktioniert momentan nicht.
Viele trauen sich nicht mehr auf die Straßen. Man schaut, dass die Vorratsregale daheim prall gefüllt sind, man wartet ab, hört, sieht und liest Nachrichten, schüttelt irritiert den Kopf und versucht irgendwie die Zeit zu füllen.
Jetzt könnten die Tage groß angelegter Hilfsaktionen sein. Jetzt könnte man Fürbittgottesdienste gestalten und besuchen, jetzt könnte man einander besuchen und sich freundschaftlich zusammenfinden. Jedoch, das alles darf nicht sein.
Ja, es scheint, als wenn auch „die Kirche“ auf Standby gestellt wird, für die nächsten Wochen, auch über Ostern. Krise ohne Kirche.
Jetzt, das Wetter ist mild, sind wieder die Fenster geöffnet. Morgens, mittags und abends läuten die Glocken, so wie immer. Das Angelus-Läuten: „Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft…“
Das Glockenläuten schallt hinein in die Stadt, über Straßen und Plätze, in die Wohnungen und in unser Leben, auch und gerade jetzt. Es unterbricht den Lauf der Dinge und es erinnert zum Innehalten, zum Stillsein und zum Gebet.
Das Läuten der Glocken ist ein unüberhörbares Signal, dass unser Gott, für den alles Kirchliche steht, in dieser Krise mit dabei ist.
Wenn nicht jetzt, wann dann?
Dieses Vertrauen wünsche ich Ihnen. Lassen Sie sich beim nächsten Glockengeläut daran erinnern.
Seien Sie wachsam, besonnen und solidarisch – und bleiben Sie gesund.
Ihr Pfarrer M. Bambynek