Maternkapelle:Kühne Auslegung der Bibel
Meist wird die weihnachtliche Krippen-Szene als Idylle inszeniert: Das Kind in Windeln gewickelt in der strohgefüllten Futterkrippe, umgeben von Maria und Josef, von Ochs und Esel im Stall. Vom Feld eilen die Hirten herbei, in der himmlischen Höhe singen die Engel. Und am Dreikönigstag bricht die Exotik in dieses bäuerliche Bild, wenn drei kostbar gekleidete Männer auf Kamelen, Pferden und Elefanten heranreiten und dem Kind Gold, Weihrauch und Myrrhe bringen. So oder ähnlich steht die Krippe in der Weihnachtszeit in vielen Wohnzimmern oder in den Kirchen.
Der Verein „Bamberger Krippenfreunde“ hat sich in ihrer aktuellen Krippenausstellung in der Maternkapelle von dieser rein traditionellen Darstellungsweise gelöst. Die etwa 40 Präsentationen bieten ein variantenreiches Schauspiel, das die biblische Erzählung vom großen Weihnachtswunder frei weiterspinnt. Kern aller Szenen in den Kojen genannten Schaukästen bleibt natürlich das kleine Kind, das als Sohn Gottes auf die Welt kommt. Daran rütteln die Krippenfreunde nicht. Aber sie lassen ihre Fantasie spielen und versetzen zum Beispiel den Stall von Bethlehem kurzerhand nach Franken. Oder in ein Original-Fass aus der Brauerei Schlenkerla.
Der erfahrene Krippenbauer Wilfried Kuntke hat beispielsweise die Herbergssuche der hochschwangeren Maria und ihres Bräutigams Josef vor die Alte Schmiede in Rothenburg ob der Tauber verlegt. Im Hintergrund inszeniert Kuntke einen kühnen Akt in dieser Geschichte, der – zu Ende gedacht – zutiefst berührt: Engel bereiten den Stall für das Jesuskind vor. Einer schüttelt das Kissen in der Wiege auf, einer schürt den Ofen mit Holzscheiten an, einer fegt den Boden. Diese himmlischen Wesen passen in den Advent, in die vorweihnachtlichen Wochen des Wartens, der Umkehr, der offenen Herzen und Hände.
Wieder richtig irdisch wird es in der Koje mit der Krippenwerkstatt: Ein Vater baut an einem Krippenstall, sein Sohn reitet derweil ein Steckenpferd, einen schlafenden Hund zu Füßen. Apropos schlafen: Auch die Weisen aus dem Morgenland müssen einmal auf ihrem Weg zur Krippe rasten: „Meine Lieblingskrippe!“ sagt der elfjährige Christoph strahlend, der seinem Vater Marcus Geßner bei der Aufsicht in der Maternkapelle Gesellschaft leistet.
Marcus Geßner ist Vorsitzender des Vereins „Bamberger Krippenfreunde“ und froh, dass nach zweijähriger Corona-Pause wieder eine Weihnachtskrippenausstellung möglich ist: „Wir sind wieder auf Besucher angewiesen, um auch künftig die Tradition aufrecht erhalten zu können“, betont der Vorsitzende. Schließlich erfülle es die Bamberger Krippenbauer mit Stolz, dass bereits seit 93 Jahren Krippen in der Maternkapelle gezeigt werden. Heuer stammen die Figuren teils aus dem eigenen Bestand oder von bekannten Künstlern und Schnitzern aus Bamberg, Österreich, Italien, Spanien oder Peru. Überwiegend datieren die Krippen im 20. Jahrhundert.
Geßner, seine Vorstandskollegen und einige der insgesamt 300 Vereinsmitglieder stemmen die rein ehrenamtliche Arbeit mit Herzblut. Für die abwechslungsreiche Ausstellung 2023 haben sie einiges Neue zusammengetragen, oder bestehende Bauten und Kulissen neu kombiniert. „Aus den Emmausjüngern wurde Mariä Verkündigung!“ erklärt Marcus Geßner lachend und verweist darauf, dass die Krippenfreunde in der Fasten- und Osterzeit auch die selteneren Passionskrippen ausstellen.
Besonders freuen sich die Organisatoren der aktuellen Schau auch über Familien mit Kindern, die begeistert die dargebotenen Szenen betrachten und die liebevoll arrangierten Details entdecken. „Kindergärten, Schulklassen oder Gruppen sind uns willkommen, dann sind auch Sonderöffnungen möglich“, so Geßner. Weitere Infos auf der Homepage www.krippenfreunde-bamberg.de.
Öffnungszeiten
Die Ausstellung der Weihnachtskrippen in der Maternkapelle im Domgrund ist bis zum 7. Januar 2024 Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag und Feiertage von 13:00 bis 17:00 Uhr geöffnet, zusätzlich am Mittwoch, 27. Dezember, von 14:00 bis 17:00 Uhr. Der Eintritt ist frei.