Zum Inhalt springen

Lebendig ist, wer wach bleibt

Brotkorb
Datum:
Veröffentlicht: 1.12.21
Von:
Sebastian König, Pastoralreferent
Der Evangelist Matthäus bindet den Bericht von der Speisung der Viertausend eng an die Heilungen, welche durch Jesus geschehen und will damit wahrscheinlich auf die umfassende Macht Jesu hinweisen. Jesus der Arzt, der Lehrer und der Ernährer seines Volkes. Die Situation der Bergpredigt drängt sich gedanklich auf.

Impuls zu Mt 15, 29-37

Jesus zog von dort weiter und kam an den See von Galiläa. Er stieg auf einen Berg und setzte sich.
Da kamen viele Menschen zu ihm und brachten Lahme, Blinde, Verkrüppelte, Stumme und viele andere Kranke; sie legten sie ihm zu Füßen und er heilte sie,
sodass die Menschen staunten, als sie sahen, dass Stumme redeten, Verkrüppelte gesund wurden, Lahme gehen und Blinde sehen konnten. Und sie priesen den Gott Israels.
Jesus rief seine Jünger zu sich und sagte: Ich habe Mitleid mit diesen Menschen; sie sind schon drei Tage bei mir und haben nichts mehr zu essen. Ich will sie nicht hungrig wegschicken, sonst brechen sie auf dem Weg zusammen.
Da sagten die Jünger zu ihm: Wo sollen wir in dieser Wüste so viel Brot hernehmen, um so viele Menschen satt zu machen?
Jesus sagte zu ihnen: Wie viele Brote habt ihr? Sie antworteten: Sieben - und ein paar Fische.
Da forderte er die Leute auf, sich auf den Boden zu setzen.
Und er nahm die sieben Brote und die Fische, sprach das Dankgebet, brach sie und gab sie den Jüngern und die Jünger gaben sie den Menschen.
Und alle aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrig gebliebenen Stücke ein, sieben Körbe voll.
Es waren viertausend Männer, die gegessen hatten, dazu noch Frauen und Kinder.
Danach schickte er die Menge nach Hause, stieg ins Boot und fuhr in die Gegend von Magadan.

Der Evangelist Matthäus bindet den Bericht von der Speisung der Viertausend eng an die Heilungen, welche durch Jesus geschehen und will damit wahrscheinlich auf die umfassende Macht Jesu hinweisen. Jesus der Arzt, der Lehrer und der Ernährer seines Volkes. Die Situation der Bergpredigt drängt sich gedanklich auf.

In einem gesunden Körper lebt ein gesunder Geist, heißt es und meint, dass Körper und Geist als Einheit betrachtet werden müssen. Wir kennen das Wort von der ganzheitlichen Betrachtung vor allem aus alternativ medizinischen Lehren. Viele Krankheiten und Gebrechen rühren von seelischen Leiden und seelischen Verletzungen. Wird die Seele heil, kann oft auch der Körper genesen.
Wer das Wirken Jesu aufmerksam betrachtet, der weiß, dass Jesus immer den ganzen Menschen im Blick hat. Die Menschen, die bei Jesus auf dem Berg waren, lechzten nach Heilung und er hat sie geheilt, ganzheitlich. Er nimmt sich Zeit und versucht seine Bestimmung zu erfüllen, diese Menschen Gott näher zu bringen.

Und es geht weiter, er schickt sie nicht weg und sagt: Geht in die umliegenden Gehöfte und Dörfer, kauft euch zu essen. Sondern: „Ich habe Mitleid mit diesen Menschen; sie sind schon drei Tage bei mir und haben nichts mehr zu essen. Ich will sie nicht hungrig wegschicken, sonst brechen sie auf dem Weg zusammen.“
Das ist die Stelle, an der das Wunder beginnt.
Wegschicken ist einfach. Das ist die Logik der Welt. Aber Jesus sagt: Gebt ihr ihnen zu essen. Die Jünger sind verwirrt. Nur sieben Brote haben sie und ein paar Fische. Das kann nicht reichen, um die vielen Menschen satt zu bekommen

Vielleicht geht es uns als Christen heute manchmal auch so. Wir hören den Auftrag: „Ihr seid das Salz der Erde und das Licht der Welt!“ Und dann denken wir: Jesus, unsere Kraft ist klein, das Licht scheint nicht sehr hell.

Menschlich gesehen ist die Aufforderung von Jesus eine Überforderung. Aber er will, dass seine Nachfolgerinnen und Nachfolger mehr Vertrauen lernen. Mehr Vertrauen in die Größe und die Möglichkeiten Gottes.
Wir alle vertrauen auf unsere menschliche Logik, auf Vernunft und Organisationstalent. Und wir fragen zu wenig: „Herr, wie wirst du dieses Problem lösen? Was ist deine Idee?“
Was wir als Christinnen und Christen auch heute dazu beitragen können, dieser Welt Hoffnung zu geben, ist lächerlich wenig. Fast nichts. Begrenzte Möglichkeiten. Sieben Brote und ein paar Fische eben. Aber legen wir doch einfach mal das Wenige in die Hände von Jesus! Das geht auch heute – zum Beispiel mit einem Gebet: „Jesus, ich gebe dir das wenige, was ich habe.“ Wir könnten es versuchen.
Wir wissen nicht, wie das Wunder geschehen ist. Ich kenne keinen Theologen, keinen Bibelforscher, der das richtig erklären kann.
Vielleicht ist das Wunder beim Dankgebet passiert. Danken kann manchmal Wunder bewirken. Oder es ist beim Brechen des Brotes durch die Hände Jesu passiert. Oder bei der Verteilung durch die Jünger. Oder beim Weiterverteilen von Gruppe zu Gruppe, von Mensch zu Mensch. Es ist ein seltsames Wunder, denn es hat fast keiner mitbekommen. Brot und Fische werden weitergegeben und jeder bekommt, was er braucht. Vielleicht haben die Menschen ihre eigene Vesper noch dazu gelegt, weil sie jetzt so großzügig geworden sind. Am Ende ist jede Menge übrig.

„Und sie sammelten die übrig gebliebenen Stücke ein, sieben Körbe voll.“
Alle Menschen werden satt: Die Seele wird satt von den Worten die Jesus spricht. Die Mägen werden satt von Brot und Fisch, für die er das Dankgebet gesprochen hat.

Die Ausleger erkennen in diesem Bericht einen Hinweis auf das kommende Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern feiern wird und das auch wir heute noch feiern.

Ist es nicht gerade derzeit nötig mehr auf Gott zu vertrauen und wieder Lebensmut zu fassen und sich nicht in Angst, Misstrauen und Abwendung zu verlieren?

Lebendig ist wer wach bleibt
sich den anderen schenkt
das Bessere hingibt
niemals rechnet

Lebendig ist wer das Leben liebt
seine Begräbnisse seine Feste
wer Märchen und Mythen
auf den ödesten Bergen findet

Lebendig ist wer das Licht erwartet
in den Tagen des schwarzen Sturms
wer die stilleren Lieder
ohne Geschrei und Schüsse wählt
sich zum Herbst hin wendet
und nicht aufhört zu lieben.

Luigi Nono