MM
Moment mal, das ist doch die in den gewagten Gewändern? Am liebsten in Rot, dazu funkelnden Schmuck, bevorzugt Diamanten, denn „diamands are the girl's best friends.“ Ein anderes Mal trägt sie: gar nichts! Dann wieder darf man sie in einer Mischung aus Beiden sehen, splitternackt außer ihren Ohrringen, wie gesagt wurde. Auf ihre goldene Haarmähne ist sie sichtlich stolz. Sie strahlt Jugend aus. Und es gibt Bilder von ihr, wo sie als Teenie lesend auf dem Bauch liegt. Aber auch Darstellungen, wo sie händeringend bitterste Tränen vergießt. Um ihren eigenen Tod haben sich unglaubliche Legenden gerankt.
MM, nein, nicht Marilyn Monroe, sondern Maria Magdalena. Sie ist laut Bibelforschung die wohl wichtigste Jüngerin Jesu und zentrale Zeugin der Osterereignisse (Joh 20, 1-2.11-18). Kirchenpolitisch gesehen hätte dies Kapriolen schlagen lassen können, allein schon mit Blick auf das Amtsverständnis. Denn die Präsenz von Männern am Altar wird schließlich bis heute noch gerne überbewertet. Doch Jahrhunderte lang wird diese Maria primär als ehemalige Prostituierte und reuige Sünderin wahrgenommen. Ihr Bild einer sexuell anrüchigen Frau wirkt bis dato weiter in populärer Literatur, Film oder Musik.
Mitursache für diese fragwürdige Karriere war die knisternde Begebenheit nach Lk 7,36-50. Die Frau, die hier die Füße Jesu zärtlich liebkost, bleibt namentlich unbekannt. Ein paar Jahrhunderte später weiß man mehr. Die Sünderin und Maria Magdalena ist dieselbe Frau, beschließt kein geringerer als Papst Gregor der Große. Dumm gelaufen, denn schon hat die treue Gefährtin Jesu eine Vorgeschichte.
Wahrer Volksglaube bleibt von der scheinbaren Deutungshoheit theologisch gebildeter Männer oft unberührt. Welch ein Glück, sagen manche. In Frankreich zum Beispiel, heißt jede zweite Gasse, jede zweite Kirche nach Magdalena, Madeleine, wie die Franzosen sagen. Und wer sich dort das gleichnamige Gebäck, die wunderbaren Madeleines, auf der Zunge zergehen lässt, dem offenbart sich eventuell mehr als manchem Exegeten: Voilà, leidenschaftlich zu lieben verstand sie, diese andere Maria.