Nahe bei Gott
Liebe Mitchristen,
wenn es stimmt, dass sich eine Gemeinschaft auch daran messen lassen muss, wie sie mit Kranken umgeht, dann steht es um unsere Gesellschaft in den letzten Jahren nicht zum Besten. Immer häufiger kommt es vor, dass Kranke zwar medizinisch auf hohem Niveau in Krankenhäusern und Altenheimen betreut werden, dass es ihnen aber oft an menschlicher Nähe und Zuwendung fehlt. Immer mehr Menschen werden gerade in der Phase ihres Ablebens und Sterbens von ihren nächsten Angehörigen und Freunden schmerzlich allein gelassen. Die Motive für dieses Verhalten sind zumeist nicht Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit. Es sind vielmehr die Angst und die Hilflosigkeit angesichts dieser herausfordernden Situation. Die Hilflosigkeit und Gebrechlichkeit eines nahestehenden Menschen stellen ja auch das eigene Leben und die persönliche Lebenseinstellung in Frage.
Im Gegensatz zur Werbung konfrontiert uns jede Krankheit mit der ganzen Wahrheit des menschlichen Lebens. Der Mensch ist nicht nur jung, schön, stark, leistungsfähig. Der Mensch ist auch alt, verletzlich, ausgeliefert, sterblich. Eine solche Erkenntnis ist schmerzlich. Sie birgt aber auch die Möglichkeit in einer fruchtbaren Auseinandersetzung zu einem wertvollen Reifungsprozess. Und sie birgt die Möglichkeit, Gott noch einmal von einer anderen Seite kennen zu lernen.
Da wird zu einen die Frage laut nach einem heilsamen Lebensstil. Was muss ich an meiner Art zu leben verändern? Worauf muss ich in Zukunft stärker achten? Was zählt für mich in Zukunft? Zum anderen stellt sich die Frage nach dem tieferen Sinn in meinem Leben. Was trägt mich angesichts meiner momentanen Situation? Was bleibt tatsächlich am Ende eines Lebens? Wo ist Gott? Wer ist Gott? Wie ist Gott?
Jede körperliche Krankheit hat daher auch eine psychische und eine geistliche Dimension, die wir nicht außer Acht lassen dürfen. Die augenblickliche Corona-Krise soll uns auch zum Nachdenken darüber anregen. Wir dürfen in Erinnerung rufen, dass wir gerade in Krankheit und unserer Ohnmacht Jesus besonders nahe sind. Er selbst hat mit seinem Tod am Kreuz auch die bittere Wirklichkeit des Leidens durchlebt. Auch ihm blieben körperliche und seelische Wunden und Schmerzen nicht erspart. Er begegnet uns als einer, der uns helfen will und helfen kann. Von ihm geht jene unbeschreiblich heilende Kraft aus, die auch heute noch Unvorstellbares vollbringen kann.
Ich wünsche Ihnen eine heilbringende Zeit.