Richtig wünschen
Leise Musik spielt im Hintergrund, eine ruhige Atmosphäre hat sich längst ausgebreitet, auch weil es von draußen her so still ist. Kartenlesen ist angesagt. Viele gute Worte zum Weihnachtsfest und zum Jahreswechsel haben mich aus der Familie, aus dem Freundeskreis und aus Gemeinden von einst und jetzt erreicht.
Mir fällt auf:
Oftmals sind die Grüße ausführlicher als in den Vorjahren. Um die in Goldschrift vorgegebenen Formulierungen wird drumherum geschrieben; sie stehen halt aufgedruckt da. Ansonsten lese ich viele Zeilen, die das letzte Jahr reflektieren. Ehrlich wird festgestellt, was man wie persönlich erlebt hat. Dank und Hoffnung werden ausgedrückt. Und bei den Wünschen scheint jedes Wort genau abgewogen. Manche der üblichen Formulierungen könnten der besonderen Zeit nicht angemessen rüberkommen.
Es ist berührend, in diesem Jahr die Karten zu lesen, die zu Weihnachten und zum Jahreswechsel geschrieben wurden.
Sie sind – auf wenige Zeilen komprimiert – ein Spiegelbild davon, wie einzelne das stete Hin-und-Her und das große Auf-und-Ab im Pandemiejahr 2020 erlebt haben. Zugleich offenbaren sie, was man sehnlichst ersehnt und was man anderen und sich selbst ehrlichen Herzens wünscht.
Wann waren Grüße zur Weihnachts- und Jahreswechselzeit so tiefgehend wie heuer?
Das Paradoxe, das sich zeigt, ist:
In der direkten Begegnung sollen wir seit Monaten streng auf Distanz gehen und bleiben; indem, wie derzeit geschrieben, telefoniert und sonst wie kommuniziert wird, tut sich so viel zwischenmenschliche Nähe auf, wie selten zuvor.
Ich finde, es ist doch ermutigend und aufbauend, dass wir miteinander so sind, wie wir derzeit häufig sind...