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Im Anfang war das Wort

Buchstaben
Datum:
Veröffentlicht: 28.7.21
Von:
Josef Ellner, Pastoralreferent
Reden ist die beste Art Verwirrung zu stiften. Von Natur aus sind Sprache und Unverständnis als unzertrennliches Geschwisterpaar erdacht: „Ich weiß, dass du glaubst, du wüsstest, was ich deiner Ansicht nach gesagt habe, aber ich bin mir nicht sicher, ob dir klar ist, dass das, was du gehört hast, nicht das ist, was ich meine!“ Aneinander vorbeireden, niemand versteht irgendetwas, keiner begreift den anderen… Der Alltag ist voll von diesen Momenten.

Reden ist die beste Art Verwirrung zu stiften. Von Natur aus sind Sprache und Unverständnis als unzertrennliches Geschwisterpaar erdacht: „Ich weiß, dass du glaubst, du wüsstest, was ich deiner Ansicht nach gesagt habe, aber ich bin mir nicht sicher, ob dir klar ist, dass das, was du gehört hast, nicht das ist, was ich meine!“ Aneinander vorbeireden, niemand versteht irgendetwas, keiner begreift den anderen… Der Alltag ist voll von diesen Momenten.

Was für eine Wohltat, ereignet sich Verständnis wie im Augenblick, mit stillem Einvernehmen, ganz ohne Worte. Unter Menschen, die einander vertraut sind, ein nicht seltener Genuss.
Eine gänzlich überraschende Wohltat aber ist es, wenn ein mir fremdes Gegenüber schon nach wenigen Worten checkt, was Sache ist, mich tatsächlich versteht. Und mir umgekehrt signalisiert, verstanden zu werden. Meist glückt solch ein Moment, wenn ich nicht gleich den Button „SENDEN“ drücke. Ich texte den anderen nicht einfach zu. Ich warte auf ihn, und ich achte darauf, dass meine Sinne offen sind.

Wäre dies hier ein Predigttext, böte sich jetzt eine „Jesus-Kurve“ an: Ein Verweis auf zwei, drei Beispiele aus dessen Leben, in diesem Fall zum Thema „gelingende Kommunikation“. Doch ich stolpere, quasi schon vor der Biegung, über ein kurioses Phänomen der damaligen hebräischen Sprache:
In seiner Schriftform kannte das Hebräisch der Heiligen Schrift ursprünglich keine Vokale, keine Selbstlaute. Gottes Wort kam nur als Konsonanten zu Papier, sozusagen in aller Stille. Ins Schriftdeutsch übertragen, würde ein Im Anfang war das Wort etwa dann zu M NFNG WR DS WRT. Wobei es das Hebräische für unsere Augen zudem rückwärts schreibt: TRW SD RW GNFN M. Da wird manches mehrdeutig, und so musste ich im Theologiestudium zur Hebräischprüfung gleich zweimal antreten.

Unsere Schrift schreibt die fünf Vokale mit. Die Verwirrung löst sich dadurch auch nicht immer. Aber Sprechkultur und menschliches Temperament spiegeln sich darin perfekt: Auf 5 „Laute“ kommen locker 21 „Mitlaute“, egal zu welchem Thema.