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Verrückte Welt - was sind wir gerne hier!

Tunnel
Datum:
Veröffentlicht: 1.6.22
Von:
Sebastian König, Pastoralreferent
Aus Jesu Worten spricht klar die Sorge um das Danach: Was geschieht mit den Jüngern nach seinem Weggang? Was geschieht mit ihnen, wenn er nicht mehr unter ihnen ist? Er denkt hier menschlich. So wie sich Eltern, Ehepartner auch sorgen. Was geschieht danach, was geschieht, wenn wir nicht mehr sind? Wer sorgt für den Kranken, den Behinderten, den Partner?

Das Gebet des scheidenden Jesus (Joh 17,6a.11b-20):
Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast.
Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir!
Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllte.
Aber jetzt komme ich zu dir und rede dies noch in der Welt, damit sie meine Freude in Fülle in sich haben.
Ich habe ihnen dein Wort gegeben und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin.
Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst.
Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.
Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit.
Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt.
Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.

Aus Jesu Worten spricht klar die Sorge um das Danach: Was geschieht mit den Jüngern nach seinem Weggang? Was geschieht mit ihnen, wenn er nicht mehr unter ihnen ist? Er denkt hier menschlich. So wie sich Eltern, Ehepartner auch sorgen. Was geschieht danach, was geschieht, wenn wir nicht mehr sind? Wer sorgt für den Kranken, den Behinderten, den Partner?

Sehr eindringlich ist seine Bitte deshalb beim Vater für seine Jünger, die in der kommenden Zeit vor großen Aufgaben stehen werden. Allein müssen sie das, was er ihnen beigebracht und gelehrt hat, weitertragen. Und sie werden mit der großen Leere, der gefühlten Kälte und Unsicherheit und Angst, die sein Weggang für sie mit sich bringen wird, sich unendlich allein fühlen.

Jesus betet:
Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir! Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast.

Etwas leichter verständlich ist diese Bitte in der Rückübersetzung von Günther Schwarz zu lesen, die die wirklichen Worte Jesu bemüht ist wiederzuentdecken. Hier steht in Jesu aramäischer Muttersprache:
Abba! Heilliger! Behüte durch deine Gegenwart jene, die du mir anvertraut hast. Solange ich bei ihnen war, habe ich sie behütet

Vom Vater wurden sie ihm anvertraut und er sorgt sich um sie. Wenn er weggegangen ist, werden sie seinen persönlichen Schutz entbehren müssen. Nach seinem Weggang werden sie die Feindseligkeit der gottfernen Welt zu spüren bekommen. Sie werden angefeindet und verfolgt werden. Denn sie werden in ihren Überzeugungen den meisten Menschen fremd sein. Und Fremde, Andersdenkende, wurden schon immer misstrauisch beäugt. Sie laufen nicht mit im Fluss der Masse, sie laufen nicht mit im Mainstream. Andersdenkende werden bekämpft. Diesem Druck dürfen sie auf keinem Fall erliegen, oder sich gar dieser gottfeindlichen Welt anpassen.

Jesus fährt fort:
Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt.

Jesus macht damit deutlich, dass die Jünger eine Verpflichtung gegenüber allen Menschen auf der Erde haben. Er hat ihnen nicht die Gegenwart Gottes verdeutlicht, damit sie diese Erkenntnis für sich behalten. Sie haben die Verpflichtung, sein Werk weiterzuführen. Sein Wort in die Welt zu tragen. Mission lautet ihr Auftrag und damit auch der Auftrag unserer Kirche bis heute. Selbstzweck ist diesem Auftrag fern, muss ihm fern sein. Auch darüber lohnt es sich immer wieder nachzudenken.

Damit sind wir alle angesprochen und können sein Abschiedsgebet auch ganz persönlich auf uns beziehen. Das Gebet von Jesus bezieht uns alle ein. Es ist sehr wesentlich, sich das bewusst zu machen. Wir alle sind gemeint.

Dietrich Bonhoeffer hat diese Bitte und damit diese Tatsache in den Gedanken seines Briefes an seine Verlobte im Jahr 1944 aus dem Kellergefängnis der Gestapo ausgesprochen. In einer Zeit höchster menschlicher Not und Todesangst. Er schreibt im Schlussvers seines Gedichtes, welches in diesem Brief eingebunden ist:

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Ja, wunderbar geborgen können wir uns fühlen im Denken an das Abschiedsgebet von Jesus. Denn sein Bitten ist für uns Zusage zugleich.

Diese Geborgenheit, diesen Schutz Gottes verdeutlicht Sören Callsen in seinen Zeilen:

Ich darf den Tag schon vor dem Abend loben,
denn wenn es Nacht wird, weiß ich dich bei mir.
Bei Dir ist meine Dunkelheit gut aufgehoben,
sobald Dämonen mein Gemüt umtoben,
schickst Du sie weg – und sie gehorchen Dir.

Ich darf den Tag schon vor dem Abend loben,
denn keine Zeit hat uns einander fremd gemacht.
Das Leben lebt, wir sind mal unten, sind mal oben,
doch immer miteinander wunderbar verwoben,
wir wachsen – und wir geben aufeinander acht.

Ich darf den Tag schon vor dem Abend loben,
denn jeder Tag ist auch ein Tag mit Dir.
Wenn unser Abend kommt, entschweben wir nach oben,
und freuen uns das nächste Stück zu proben,
verrückte Welt – was sind wir gerne hier.