Wenn man fragt, wo sich ein Heiligengrab in der Oberen Pfarre befindet, stößt man auf Schulterzucken und Kopfschütteln. Nur einige wenige wissen, dass sich in dieser Kirche das Grab einer Heiligen befindet. Im heutigen Schutzengelaltar im linken Seitenschiff finden wir eine Glasscheibe, auf der geschrieben steht: „Reliquiae S. Fortunatae, Virginis et Martyris. Anno CXLVIII“. Wenn man genau hinschaut, sieht man hinter der Glasscheibe die Gebeine eines Menschen, die in barocker Weise geschmückt sind. Die Übersetzung der Inschrift gibt uns eine erste Auskunft über dieses Grab: „Gebeine der heiligen Fortunata, Jungfrau und Märtyrin. Im Jahr 148.“ Es handelt sich hier also um das Grab der Heiligen Fortunata. Sie war ein Mädchen oder eine junge Frau, die im Jahr 148 für ihren christlichen Glauben getötet wurde.
Der Name Fortunata ist ein im zweiten Jahrhundert im römischen Reich weit verbreiteter Frauenname. „Unsere“ Heilige Fortunata erlitt im Jahr 148 in Rom in der unter dem heidnischen römischen Kaiser Hadrian begonnenen und unter Kaiser Antoius Pius fortgesetzten Christenverfolgung, zur Zeit des Heiligen Telesphorus, des siebten Nachfolgers des Apostels Petrus, den Märtyrertod. Weitere Nachrichten über ihr Leben und Sterben sind uns nicht überliefert. Bis ins Jahr 1692 ruhte der Leib der Heiligen Fortunata in den Calixtuskatakomben in Rom, als Papst Innozenz XII. ihr Grab öffnen ließ. Die Gebeine waren noch gut erhalten. Das Grab hatte die lateinische Aufschrift: „Fortunata virgine et martyre CXLVIII“ (Fortunata, Jungfrau und Märtyrin, 148). Ferner fand man dort das Monogramm Christi und eine Palme als Zeichen des Martyriums. Diese Grabplatte aus den Katakomben soll ebenfalls mit den Gebeinen im Grab der Heiligen in der Oberen Pfarre verwahrt sein. Mit Zustimmung des Bischofs von Bamberg, Friedrich Karl Graf von Schönborn, wurden die Reliquien der Heiligen Fortunata am 28. September 1732 in die Kirche des Franziskanerklosters in der Schranne (heute Polizeigebäude) überführt und erstmals zur Verehrung ausgestellt. Dabei wurde sie auch liturgisch gefeiert. Nachdem das Franziskanerkloster in der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts aufgelöst wurde und die Kirche abgebrochen werden sollte, wurden die Reliquien der Heiligen Fortunata in die Oberen Pfarre übertragen, wo sie im Laufe der Zeit immer mehr in Vergessenheit gerieten und auch nicht mehr liturgisch verehrt wurden. Der genaue Todestag der Heiligen Fortunata und damit ihr Gedenktag sind uns nicht überliefert.